Ganz ehrlich, so wichtig wie Aufklärung über Parteien und die Bundestagswahl ist: Die Menge an Videos und Posts in Richtung "das wird vermutlich die nächste Regierung", "Merz wird Kanzler" etc. kotzt mich an, genauso wie die Tatsache, dass Wahlumfragen etc. während des Wahlkampfes nicht schlicht und ergreifend verboten sind. Das ist eine massive Beeinflussung der Wähler*innen, noch bevor überhaupt die Wahlbenachrichtigungen gedruckt wurden. Das hat mit richtiger Aufklärung sehr wenig zu tun. Es ist überhaupt nicht verwunderlich, wenn so viele Leute sich nicht die Mühe machen, wählen zu gehen, weil sie das Gefühl haben, das Ergebnis steht längst fest: Das ist doch genau das, was in den Medien schon seit Wochen rauf und runter läuft, egal ob im Fernsehen, in Zeitungen oder auf Youtube und TikTok von unabhängigen Medienschaffenden. Und dann gehen nur die Rechten hin, die irgendwem was beweisen wollen oder die Demokratie gestürzt sehen wollen, die Konservativen aus Gewohnheit und ein paar andere politisch Interessierte, und besiegeln diese selbsterfüllende Prophezeihung.
Das Wahlergebnis steht dann fest, wenn die Stimmen ausgezählt sind, und keinen Moment früher. Was jetzt wichtig ist, sind kritische Analysen und Gegenüberstellungen dessen, was die Parteien versprechen mit dem, was rechtlich und technisch überhaupt möglich ist, und wie sich alle Parteien zu dem Thema in der Vergangenheit verhalten haben. Nur so können Wähler*innen eine informierte Entscheidung treffen. Stattdessen präsentieren einfach nur alle unreflektiert Wahlprogramme, und wie gesagt Prognosen, die den Eindruck vermitteln, dass Schwarz-Grün mit Merz als Kanzler ja eigentlich schon beschlossene Sache sei. Das ist doch keine Basis dafür, dass ein Mensch sich eine Meinung dafür bilden kann, was genau er jetzt eigentlich geliefert bekommt, wenn er sein Kreuz bei Partei A oder B setzt.
(Gleiches gilt bei den Themen, die für dieses Land wichtig sein sollten. Seit Monaten dreht sich in den Medien wieder alles um Geflüchtete und Bürgergeldempfangende als die großen Sündenböcke für alle Schieflagen, statt um die richtigen Probleme, die dringend im Vordergrund stehen sollten, wie steigende Mieten und Kosten, katastrophale Zustände im Gesundheitssystem, Ausbeutung im Niedriglohnsektor, Klimakrise, mangelnde Inklusion und fehlende Finanzierung in der Bildung. Wir brauchen Aufklärung in einer Weise, die auch Leute erreicht, keine nachgeplapperte Propaganda. Aber das ist nochmal ein ganz anderes Fass.)
Eure Stimmen zählen, eure Stimmen sind alle wichtig. Und was die Wahl ergibt, ist dann entschieden, wenn alle Stimmen ausgezählt sind, nicht schon Monate vorher bei INSA, Forsa, der Tagesschau oder bei einem Youtubekanal. Informiert euch über die Wahlprogramme und den Wahl-o-Mat hinaus. Wenn euch absolut nichts von den etablierten Parteien anspricht, gebt sie halt einer Kleinpartei, die euch zusagt, statt sie komplett wegzuwerfen. (Diese Stimmen sind nicht "verschwendet", auch wenn es vermutlich aktuell nicht die taktisch sinnvollste Wahl ist, ist es immernoch besser als gar nicht wählen oder ungültig wählen, was exakt aufs Gleiche hinausläuft.)
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Freilich gibt es Tendenzen, aber auch diese Tendenzen werden stark davon befeuert, dass Politiker*innen und politische Entscheidungen journalistisch kaum noch herausgefordert, sondern nur nachgeplappert werden, und zudem alle über jedes Stöckchen springen, das die AFD hinhält.
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